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 Feuer und Flamme fürs Pilotprojekt Hildesheim (cwo).
04.02.2013   Landesweit einzigartig: Freiwillige Feuerwehr und Uni-Studenten bieten Brandschutzerziehung an

Hildesheim (cwo). Es gab mal eine Zeit, da bläuten Lehrer und Eltern dem Nachwuchs unermüdlich ein: "Messer, Gabel, Scher' und Licht - sind für kleine Kinder nicht!" Was das Thema "Licht" angeht, ist die moderne Brandschutzerziehung aber weiter. Kinder, die verantwortungsvoll mit offenem Feuer umgehen können, stecken nichts an und reagieren im Ernstfall richtig, lautet die Erkenntnis. Die Freiwillige Feuerwehr Hildesheim bringt sie von dieser Woche an in einem landesweit bisher einmaligen Projekt in zwölf Grundschulen der Stadt an die Kinder - Studenten übernehmen den Job, nachmittags in AGs die Grundlagen im Brandschutz zu lehren.
Auf den ersten Blick wirkt es wie ein Feuerwehr-Treffen, was sich an diesem Sonnabend im Schulungsraum unterm Dach der Berufsfeuerwehr abspielt. Drei Uniformträger wechseln sich am Referentenplatz ab, im weiten Rund sitzen junge Leute mit "Feuerwehr-Hildesheim"- Sweatshirts. Doch sie tragen das dunkelblaue Textil erst seit einem Tag - und werden es am Abend wieder gegen ihr übliches Studenten-Zivil eintauschen.

28 Männer und Frauen haben sich auf den Aufruf gemeldet, überwiegend Erstsemester wie Lehramtsstudentin Larissa Flebbe, die gerade mit Hilfe eines selbstgebauten Feuerlöschers ein Teelicht löscht. Plastikpulle, Essig, Backpulver, alles schön schütteln, und schon entsteht Kohlendioxid, das das Löschmittel aus der Flasche drückt. Larissa und ihre Kommilitonen werden diesen und andere Versuche mit den Kindern nachstellen.
Der Mann, der ihnen das alles mit Hilfe eines Trainerteams vom Landesfeuerwehrverband beigebracht hat, ist Sven Schmidt. Er verdient bei der Berufsfeuerwehr Hannover sein Geld - und hat sich als Autor eines Buches über altersgerechte Experimente mit Feuer einen Namen gemacht.

Doch er lässt es heute nicht nur lodern und zischen - in der zweitägigen Brandschutzerzieher-Ausbildung geht es um mehr. Wie die Dritt- und Viertklässler Notrufe absetzen können, zum Beispiel. Oder, dass sie nicht in verrauchte Bereiche gehen, auch nicht versuchen, unterm giftigen Rauch durchs Treppenhaus zu kriechen, wie das früher mal gelehrt wurde. All das passiert in altersgerechter Sprache und ohne die Abkürzungen, die erwachsene Feuerwehrleute so mögen.

Stadtbrandmeister Thomas Bartels schaut zufrieden zu. Ihm sei die Idee mit den Studenten beim Stiftungstag gekommen, sagt er. Weil doch klar sei, dass man die zusätzliche Brandschutzerziehung in den Schulen weder den hauptamtlichen noch den ehrenamtlichen Rettern zusätzlich verordnen könne. Zehn Euro Aufwandsentschädigung erhalten die Studenten nun pro Schulstunde, bezahlt von der Feuerwehrstiftung Hildesheim.

Die freiwillige Feuerwehrfrau und Sozialpädagogin Ulrike Lindner hat das pädagogische Konzept der wöchentlichen AGs mitentwickelt, Stefan Schneider von der Ortsfeuerwehr Einum sich in die Organisation gekniet. "Wir beschreiten hier neue Wege", sagt der Stadtbrandmeister, und er zeigt sich von der Resonanz überrascht. Mit fünf Studenten hatte er gerechnet, 28 haben sich gemeldet, dazu noch einmal zwölf Mitglieder der Ortsfeuerwehren. Auch die Grundschulen sind offenbar Feuer und Flamme für das Pilotprojekt: Zwölf machen sofort mit, weitere könnten folgen. Studentin Alexandra Schmidt ist zum Beispiel in der Elisabethschule in der Oststadt im Einsatz, Sebastian-Minh Le in der Grundschule Neuhof. "Eine schöne Gelegenheit, etwas praktisches zu machen", findet Schmidt, die wie ihr Kurs-Kollege Le bisher noch keine Verbindung zur Feuerwehr hatte. Die Versuche traut sie sich trotzdem zu: "Wenn man alles vorher nochmal ausprobiert, dann klappt das schon!"

Ob die Brandschutzerziehung klappt, wollen Thomas Bartels und seine Mitstreiter im Sommer überprüfen. Der Stadtbrandmeister ist optimistisch: "Das könnte Nachahmer finden."
HAZ 04.02.2013
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