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Corona: Hildesheimer Feuerwehren holen Tannenbäume nicht ab
11.12.2020 Kreis Hildesheim - Überall in Stadt und Landkreis beginnt in diesen Tagen der Weihnachtsbaum-Verkauf so richtig. Auf den großen Plantagen wie bei Deutschle in Burgstemmen oder bei Machens in Harsum tummeln sich bereits einzelne Käufer oder ganze Familien, um die perfekte Tanne fürs heimische Wohnzimmer zu ergattern und in vielen Fällen sogar selbst zu schlagen. Am Freitag starten auf zahlreichen Supermarkt-Parkplätzen in der Region die Verkaufsstände der meist seit Jahren bekannten und von den Kunden geschätzten Anbieter.
Das alles wirkt weitgehend wie immer –doch in diesem Jahr ist bekanntlich fast nichts wie immer. Das macht auch vor der Tradition des Weihnachtsbaums nicht Halt. Einen zu bekommen, ist in Stadt und Landkreis Hildesheim nicht das Problem. Ihn später wieder loszuwerden, könnte sich hingegen als Problem erweisen.
Es war in der Region immer so ein bisschen der finale Abschied von der Weihnachtszeit: Meist der zweite Sonnabend im Januar, jedenfalls der nach den Heiligen Drei Königen, wenn die Jugendfeuerwehr mit einem großen Anhänger vorfuhr und den abgeschmückten und teilweise auch ganz schön abgenadelten Tannenbaum abschleppte. Dafür drückte der dankbare Besitzer den engagierten Jugendlichen gern eine kleine oder große Geldspende in die Hand oder befestigte einen Umschlag mit ein paar Münzen oder einem Schien gut sichtbar an einem Zweig.
Doch dazu wird es im nächsten Januar nicht kommen, „wenn nicht noch ein Wunder passiert“, wie es ein Feuerwehr-Verantwortlicher aus dem Landkreis Hildesheim ausdrückt. „Aber die Regeln werden ja eher verschärft als gelockert.“ Kreisbrandmeister Josef Franke bestätigt: „Nach der gegenwärtigen Lage und den aktuell gültigen Anweisungen für die Feuerwehr sind solche Sammelaktionen im Januar nicht möglich.“
Tatsächlich dürfen sich die Wehren oder ihre einzelnen Gruppen derzeit überhaupt nicht zu sogenannten Diensten treffen, lediglich digitaler Unterricht ist möglich. Zusammenkommen dürfen die Brandschützer nur zu tatsächlichen Einsätzen. „Und selbst da sind wir bemüht, nur mit so vielen Leuten anzurücken wie nötig, während man sonst schon mal vorsichtshalber alle verfügbaren Kräfte auffährt“, wie der Sarstedter Stadtjugendfeuerwehrwart – und aktive Feuerwehrmann – Kai Brinkmann erläutert.
Wie gewohnt die Tannenbäume einzusammeln, sei hingegen nicht möglich. „Keine Frage, das muss diesmal ausfallen“, bedauert Brinkmann. Genauso sieht es der Harsumer Gemeindebrandmeister Frank Quante. Er gehört der Borsumer Feuerwehr an. Die dortige Jugendwehr gehört ebenfalls zu denen, die Jahr für Jahr fleißig Bäume einsammeln.
Wer macht es stattdessen? Im Zweifelsfall die Tannenbaum-Besitzer selbst. Der Zweckverband Abfallwirtschaft Hildesheim (ZAH) kann sich große Sammelaktionen schon vom personellen und logistischen Aufwand her nicht vorstellen. „Was wir aber anbieten können, ist die Annahme auf unseren Wertstoffhöfen in Stadt und Landkreis“, sagt Geschäftsführer Jens Krüger.
Zudem können die Bürger ihre ausgedienten Nadelbäume in der Zeit vom 2. bis 18. Januar kostenlos beim Kompostwerk in der Ruscheplatenstraße 25 am Hildesheimer Hafen abliefern. Die kostenfreie Abgabe dort ist zudem im Rahmen der allgemeinen Baum- und Strauchschnitt-Aktion vom 1. bis zum 28. Februar möglich. In Hildesheim werden die Bäume nicht wie im Landkreis auf dem Wertstoffhof angenommen.
Auch die Feuerwehren hatten die Tannenbäume in den vergangenen Jahren kostenlos beim Kompostwerk abgeladen. Die Bioenergiezentrum Hildesheim GmbH als Betreiber stellte dem ZAH anschließend die Kosten in Rechnung, die somit de facto von allen Gebührenzahlern mitgetragen wurden. Hoch waren sie allerdings nicht, wie Krüger betont. Im Schnitt hätten die Brandschützer zuletzt Tannenbäume mit einem Gesamtgewicht von 150 bis 160 Tonnen angeliefert, für den Zweckverband habe das jährlich „eine untere fünfstellige Summe“ ausgemacht.
Krüger kann sich vorstellen, dass es in kleineren Orten auch private Initiativen gibt, die Tannenbäume einzusammeln. Auch mancher Feuerwehrmann im Landkreis denkt darüber nach, vielleicht zusammen mit einem Sohn oder Bruder auf Tour zu gehen und dabei trotzdem Spenden für die Brandschützer einzusammeln. Allerdings nicht gegen den Willen der Feuerwehr und erst nach Klärung von Versicherungsfragen. Doch für größere Dörfer oder gar Städte dürfte diese Option ausfallen. Eine weitere Möglichkeit sei, die Bäume klein zu schneiden und über die Biotonne zu entsorgen. Zusätzlich können sich Bürger braune Papiersäcke für 2,50 Euro dazukaufen.
Oder gibt es doch noch ganz andere Lösungen? Darüber wollen sich die Bürgermeister der Städte und Gemeinden im Landkreis zumindest Gedanken machen. „Wir werden bei unserem Treffen am kommenden Dienstag auch darüber sprechen, ob eine kreiseinheitliche Lösung möglich ist“, kündigt Algermissens Bürgermeister Wolfgang Moegerle als Vorsitzender des Städte und Gemeindebundes im Landkreis an.
Für die Jugendfeuerwehren ist der Ausfall der Januar-Sammlung indes auch eine finanzielle Frage. „Bei 400 Bäumen pro Jahr kommt da schon eine ordentliche vierstellige Summe zusammen“, weiß der Borsumer Quante. „Die fehlt dann natürlich.“ Ein Aspekt, den auch Sarstedts Stadtjugendfeuerwehrwart Kai Brinkmann sieht, aber im Zweifelsfall für verschmerzbar hält: „Die Einnahmen werden ja zum Beispiel für Ausflüge oder Zeltlager genutzt – da ist es ohnehin sehr fraglich, ob in der Richtung im nächsten Jahr schon wieder all zu viel möglich sein wird.“
Winfried Elsebach von der Berufsfeuerwehr Hildesheim hält das ebenfalls für nebensächlich, wie er auf Nachfrage erklärt: „Es gibt ganze Branchen, die viel schlimmer unter der Corona-Krise leiden, wo es um Existenzen geht – da sollte man die entgangenen Spenden bei uns gar nicht groß thematisieren.“
Quelle:
Hildesheimer Allgemeine